Jubla und Kirche
Jungwacht Blauring ist der grösste katholische Jugendverband in der Schweiz. Doch wie tickt Jubla im Bezug auf Kirche? Jonas Amherd ist Theologe und Bundespräses der Jubla und gibt einen Einblick in das Kirchenverständnis der Jubla Schweiz.
Kirche heute: Die Jubla ist ein katholischer Jugendverband. Im Scharalltag ist das nicht mehr überall offensichtlich. Wo hat die Jubla noch Berührungspunkte zur katholischen Kirche? Wie wird der Glaube gelebt?
Jonas Amherd: In Jungwacht Blauring teilen und feiern wir besondere Momente in grosser Vielfalt und schaffen Raum für Fragen des Lebens. Wir setzen uns für ein friedliches, gerechtes und solidarisches Zusammenleben ein. So gestalten wir die Welt mit, so steht es im Haltungspapier Glauben und Kirche von Jungwacht Blauring.
Jungwacht Blauring (Jubla) kennt 5 Grundsätze, einer davon ist der Grundsatz «Glauben leben». In der Kurzdefinition wird bereits deutlich, dass die Jubla als Verband alle vier Grundvollzüge der Kirche mitträgt:
Gemeinschaft (koinonia): Die Jubla ist nicht leistungsorientiert, sondern gemeinschaftsorientiert! Dass alle Mitglieder gefördert werden, mitbestimmen und sich so identifizieren können, ist uns sehr wichtig. Viel wichtiger als Erfolg, Schnelligkeit oder Kraft sind Eigenschaften wie Rücksicht, Empathie oder Kreativität. Gemeinsame Erlebnisse wie Lager, Abenteuer oder Rituale stärken das Gemeinschaftsgefühl. Alle sind willkommen und werden respektiert – unabhängig von Religion oder Herkunft.
Dienst an dem*der Nächsten (diakonia): Spielerisch und ganz natürlich werden bereits Kinder und Jugendliche sensibilisiert, sich auch für andere einzusetzen. Auf der einen Seite mit nationalen Solidaritäts-Projekten wie jubla.infanta. Auf der anderen Seite auch lokal, wenn die Jubla bei einer Veranstaltung die Kinderbetreuung übernimmt, bei einem Apéro aushilft, im Rahmen einer Gruppenstunde den Wald säubert oder Flüchtlingskinder mit ins Lager nimmt. Noch deutlicher wird dieser Dienst im Engagement von ehrenamtlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine Leitungsfunktion übernehmen. In Zahlen ausgedrückt: Ein*e Lernende*r hat in der Schweiz 5 Wochen Ferien pro Jahr. Für zwei Wochen Sommerlager (+ Aufstellen und Einrichten des Lagerplatzes) geht also bereits die Hälfte ihrer Ferien drauf! Dazu kommt noch die Verantwortung, die sie übernehmen und das organisatorische Geschick. Dies alles, damit Kinder und Jugendliche in den Genuss sinnvoller Freizeitgestaltung kommen. Diese Hingabe überrascht mich immer wieder.
Feiern (leiturgia): Es gibt explizit kirchliche Anlässe wie z.B. ein Aufnahme-Gottesdienst, ein Lagersegen, oder die Mitfeier bei einer Prozession. Es kann aber auch weniger offensichtlich sein, wie z.B. das Mitmachen am Ranfttreffen oder ein Tischritual vor dem Essen im Lager. Manchmal wird dieser Grundvollzug aber auch gar nicht als solcher wahrgenommen, dennoch aber gelebt: Beispielsweise beim Singen am Lagerfeuer, bei einem Willkommens-Ritual für Neumitglieder, beim Bestaunen des Sternenhimmels und Philosophierens darüber, wie gross(artig) die Welt doch ist oder dem feierlichen Abschlussabend nach einem erfolgreichen Projekt.
Verkündigung (martyria): Eine Verkündigung im Sinne von Glaubensvermittlung oder Bekehrung gehört nicht zu den Kernaufgaben der Jubla. Wir sind kein Rekrutierungszentrum der katholischen Kirche.
Allerdings pflegen wir christliche Werte, die wir auch weitergeben. Auch das ist Glaubensverkündigung. Ausserdem kommen Jubla-Mitglieder häufiger in Berührung mit kirchlichen Personen, Symbolen, Themen, Überzeugungen und Anlässen als andere Kinder und Jugendliche. Dies fördert Kenntnis und Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben. Positive Begegnungen mit glaubwürdigen Christ*innen haben eine grosse Wirkung. Aus kirchlicher Perspektive ist diese Präsenz («an kirchlichen Rändern») wertvoll und fördernswert – gerade bei einer Generation, in deren lebensweltlichem Alltag Kirche und Religion oft keine zentrale Rolle spielen.
Selbstverständlich sind die Berührungspunkte der Jubla zur Kirche nicht in jeder Schar gleich ausgeprägt. Einige Scharen sind näher an der Pfarrei, einige sind eher kirchenfern. Doch in ihrem Alltag ist jede Schar «Kirche» - selbst wenn es ihnen gar nicht bewusst ist 😊.
Kirche heute: Kritische Stimmen könnten behaupten, das habe nichts mehr mit der katholischen Kirche zu tun. Wie siehst du das?
Jonas Amherd: Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass Worte wie «Glaube», «Kirche», «katholisch» oder «Gott» in einer Abwehrhaltung münden. Es sind Reizwörter, die dazu führen, dass sich Jugendliche abwenden und für die eigentliche Botschaft gar nicht mehr empfänglich sind. Das ist dann sehr schade, denn Fragen der Spiritualität und dem eigenen Glaubensverständnis beschäftigen auch die Jugendlichen von heute.
In der Jubla versuchen wir weniger über den Glauben zu reden, als vielmehr den Glauben zu leben! Das ist der erste Schritt. Nach positiven Erfahrungen, konkreten Situationen (implizit oder explizit in einem klar abgesteckten Rahmen) kann man sich dann noch immer unterhalten, wieso dass die Jubla Teil der Kirche ist oder wie die Jubla die Kirche mitgestaltet und mitprägt. Aber auch dann gehen wir zunächst einmal davon aus, was bereits geschieht, was wir tun, warum wir das tun, woher unsere Werte kommen und was das alles in einem selbst auslöst. Jugendliche und junge Erwachsene sind Suchende. Wir (Kirche, Pfarrei (-Mitglieder), Präses) können sie bei dieser Suche begleiten, aber den Weg müssen sie schon selber gehen. Wie oben bereits beschrieben, geht die Jubla nicht nur von einem ganzheitlichen Kirchenbild aus, das alle Grundvollzüge der Kirche in den Blick nimmt, sondern auch von einem ganzheitlichen Menschenbild, bei dem Spiritualität ganz selbstverständlich auch seinen Platz hat. Das – und davon bin ich als Theologe überzeugt – hat sehr wohl mit Kirche zu tun 😉. Wer sich gerne vertiefter mit der Frage Glauben und Kirche in der Jubla auseinandersetzen möchte, dem*der empfehle ich jubla.ch/glaubenleben.
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